Kein anderes Smartphone-Spiel hat jemals zuvor in so kurzer Zeit für einen solchen Hype gesorgt wie Pokémon Go. Mit Hilfe der Smartphone-Kamera können Spieler (genannt Pokémon Trainer) virtuelle Monster in ihrer realen Umgebung finden und einfangen. Innerhalb weniger Tage wurde Pokémon Go aus dem Hause Niantic, welches zu Nintendo gehört, weltweit zur meistdiskutierten und -benutzten App. Dabei überstieg Pokémon Go zuletzt sogar die täglichen Nutzerzahlen von Twitter. Lange hielt man dem japanischen Videospiel-Konzern vor, den App Markt komplett verschlafen zu haben. Das bezeichnet man dann wohl nun als ein grandioses Comeback.
Doch was ist das Besondere an Pokémon Go und wie kann der Tourismus davon profitieren?
Eine aktuelle Umfrage des Digitalbranchenverbands Bitcom ergab, dass 21% der Deutschen bereits Pokémon Go gespielt und 80% zumindest schon einmal von der App gehört haben.
Dabei ist Pokémon Go mehr als nur ein reines Handy Game, denn es zwingt die Spieler dazu, vor die Tür zu gehen und die Umgebung zu erkunden. Nur so können neue Monster gefangen, wertvolle Gegenstände für das Spiel eingesammelt sowie die kleinen Monster trainiert bzw. gegen andere Spieler in den Ring geschickt werden. Der Spieler sieht seinen Avatar auf dem Smartphone nur in seiner unmittelbaren Umgebung inkl. aller Straßen. Die App nutzt dafür das Kartenmaterial von Google Maps. Auf der Karte sind sog. Pokéstops verteilt, meist markante Orte wie etwa Gebäude, Denkmäler, Graffitis, aber teils auch gastronomische oder touristische Betriebe. Dieser Datenbestand wurde von Niantic aus der Vorgänger-App Ingress übernommen, der seinerzeit noch von den Nutzern direkt im Spiel angelegt werden konnte.
Derzeit ist das Anlegen neuer Stops bei Pokémon Go nicht möglich. Dies wird aber, laut offiziellen Mitteilungen von Niantic, innerhalb der nächsten Monate voraussichtlich der Fall sein. Dann sollen die geschäftlichen Inhaber solcher neuen Pokéstops pro Besucher der Stops an Niantic eine Gebühr zahlen.
Die Möglichkeiten für Unternehmen stehen erst am Anfang
Auf der gerade stattgefundenen San Diego Comic-Con sprach John Hanke, der CEO von Niantic, über die nahe Zukunft von Pokémon Go. Zu den mit Spannung erwarteten Aussagen zählen u.a., dass erst zehn Prozent der bisher geplanten Features für Pokémon Go verwirklicht wurden. Zudem wird es neben Lockmodulen weitere Gegenstände geben, um Pokéstops upzugraden. Hanke sieht es als zentrales Element von Pokémon Go, dass Spieler dazu angeregt werden, sich an öffentlichen Orten zu treffen. Daher sollen Pokémon Center Teil des Spiels werden, evtl. als Upgrade für Pokéstops und auch die Arenen werden zusätzliche Funktionen bekommen. Erwartet wird zudem die Option, unter einander Pokémon tauschen zu können.
Welche Vorteile hat der Tourismus von Pokémon Go?
Grundsätzlich ist Pokémon Go gerade für DMOs und touristische Leistungsträger eine hervorragende Möglichkeit, Gäste und Besucher spielerich über die Vorzüge ihrer Gegebenheiten vor Ort zu informieren. Dabei handelt es sich bei den Nutzern der App keinesfalls nur um Kinder und Jugendliche. Unsere Erfahrungen zeigen hier deutlich eine breite Nutzerschicht der Pokémon Trainer beiden Geschlechts mit einer Altersspanne zwischen 15 und 40 Jahren. Demnach sollte sich die Ansprache in der touristischen Kommunikation nicht nur auf ein jugendliches Klientel beschränken.
Obwohl die Pokéstops und Arenen derzeit festgelegt sind und noch keine neuen aufgenommen werden, haben einige Touristiker, Hoteliers oder Gastronomen eventuell Glück, dass auch ihr Unternehmen vor Ort schon ein Pokéstop oder eine Arena ist. Daher sollte sich jeder Interessierte einmal die App ansehen und nachforschen. Eine globale oder deutschlandweite Karte aller Stops gibt es allerdings von Nintendo noch nicht im Netz. Immerhin versuchen einige Nutzer, Karten mit den Stops und den gefangenen Pokémon zu erstellen, sogar die Gelben Seiten haben ihr Kartenmaterial um Pokéstops erweitert.
Innerhalb der App sieht der Spieler wirklich nur seine direkte Umgebung. Doch auch wenn Ihr Unternehmen nicht über einen eigenen Pokéstop verfügt, so sind vor allem in großen Städten die Stops in sehr kurzer Laufdistanz verteilt, so dass evtl. einer in Ihrer direkten Nachbarschaft alternativ für eine Aktion genutzt werden kann.
Wir konnten zumindest für Berlin bereits eine Vielzahl touristischer Institutionen als Pokéstop ausfindig machen. In der Nähe unserer Manufaktur wurde aus dem Amstel House Hostel Berlin in Moabit sogar eine Arena. Eine wunderbare Vorlage für die Ansprache der eigenen Gäste, sofern man selbst von diesem Umstand Kenntnis hat.
Touristische Orte, wie hier das Amstel House Berlin, sind oftmals schon Arenen oder Pokéstops.
Aufgrund der Tatsache, dass viele Denkmäler, Gedenksteine und -tafeln, architektonisch-künstlerische Hauseingänge, bautechnische Kuriositäten und andere Sehenswürdigkeiten als Pokéstop fungieren, eignen sich vor allem geführte Wanderungen und Führungen durch den Ort für die touristische Nutzung. Analog zu den sog. Instawalks oder Snap’n’Walks können Tourist-Informationen oder andere Leistungsträger neben der eigentlichen Stadtführung beispielsweise mit einem Pokémon Go Walk für zusätzliche Interaktionen sorgen und damit besonders jüngere Zielgruppen ansprechen und spielerisch informieren.
Erste Beispiele für die Nutzung im Tourismus
Winterberg
Winterberg im Sauerland war die erste Destination, die das Thema aufgriff und eine eigene Pokémon Go Pauschale aufgelegt hat. Das Angebot umfasst dabei neben den Übernachtungen eine Führung durch die Stadt und die Umgebung sowie einen eigenen Burger im Pokémon-Style und ein Pokémon Kuscheltier zum Mitnehmen. Auch wenn man hier wohl von einer wirklich sehr jungen Zielgruppe ausgeht, ist diese Pauschale eine prima Idee – vor allem für die Kommunikation und das Image des Ortes.
Bayern Tourismus
Die Bayern Tourismus Marketing GmbH hat auf ihrem Blog einen eigenen „Bayerischen Reiseführer für Pokémon Go Spieler“ online gestellt. Auch wenn dieser für ganz Bayern noch sehr spärlich befüllt ist, geht man auch hier aktiv vor und hat eine Chance erkannt.
Ideenreichtum ist gefragt
Doch nicht nur die aktive Nutzung in Form eines eigenen Pokémon Go Walks ist für den Tourismus denkbar. Durch die inzwischen gelernte Optik des Spiels können auch einfallsreiche Motive für das Content Marketing in den eigenen Social Media Kanälen produziert werden. Doch Vorsicht: Hier sollten unbedingt die Nutzungs- und Urheberrechte von Nintendo und Niantic eingehalten werden. Worauf Sie hier vor allem achten müssen, hat Rechtsanwalt Thomas Schwenke mit Beispielen sehr übersichtlich zusammengefasst.
Seems we're the ideal place to catch a new pokemon – lots of them in the hotel at the moment #PokemonGOuk #PokemonGO pic.twitter.com/VhRM5Nxsx1
— The Imperial Hotel (@ImperialNWales) 27. Juli 2016
On an expedition to find your next Pokemon? #Travel to Karjat. Ssshhhh…they're all here! #PokemonGo #Hotel #Pikachu pic.twitter.com/y8Hk6D9IHD
— Radisson Blu Karjat (@theradissionblu) 16. Juli 2016
Unsere 5 Tipps für den Einsatz von Pokémon Go im Tourismus
1. Machen Sie sich zuerst selbst mit Pokémon Go vertraut
Was vielleicht banal klingt, sollte wirklich jeder beherzigen, der Pokémon Go für seine (potentiellen) Kunden und Besucher anbieten möchte. Das Spielprinzip unterscheidet sich grundlegend von anderen mobilen Games, da es seine reale Umgebung mit einbezieht. Besonders die spieleigenen Begriffe – angefangen bei den ganzen Namen und Entwicklungsstufen der Taschenmonster, der verschiedenen Bezeichnungen der sammelbaren Gegenständen im Spiel und deren Eigenschaften bis hin zur Unterscheidung zwischen KP und WP – sollten Sie am Anfang einmal selbst kennenlernen und damit vertraut werden.
Vor allem für die Kommunikation Ihres Pokémon Go Events sind das wichtige, authentische Faktoren, damit die Veranstaltung nicht schon im Vorfeld von erfahrenen Pokémon Go Trainern gemieden wird. Erst wenn Sie z.B. wissen, was eine Himmihbeere ist (ja, so schreibt man das) und was man damit machen kann, sind Sie fit für Pokémon Go! 🙂
2. Bieten Sie ausreichend Stromquellen und kostenfreies WLAN an
Wenn man eines von Pokémon Go mit Sicherheit behaupten kann, dann, dass es wohl der derzeit größte Akkufresser ist, den man auf dem Smartphone haben kann. Bei geöffneter App nimmt der Batteriebalken des Smartphones minütlich ab. Bei unseren eigenen Pokémon Go Rundgängen kamen wir auf dem aktuellen iPhone 6S zu einer Abnahme des Akkus von ca. 30% innerhalb von nur einer Stunde.
Daher bieten Sie Ihren Besuchern genügend Stromquellen an, wenn Sie eine Aktion mit Pokémon Go planen. Das kann entweder in Form von ausreichend Steckdosen geschehen oder kompletten Ladestationen mit Kabeln für die unterschiedlichen Anschlüsse. Denkbar ist auch, dass Sie den Teilnehmern Ihrer Pokémon Go Aktion sog. Powerbanks, also mobile Akkus, zur Verfügung stellen oder diese vor Ort verlosen bzw. als Werbemedium verschenken.
Auch der mobile Datenverbrauch kann bei einem ambitionierten Pokémon Trainer am Ende des Monats ganz schön am Limit sein. Da die App eben nur online funktioniert und ständig Daten zwischen dem Smartphone und den Nintendo-Servern ausgetauscht werden, kommen hier ganz schöne Datenvolumina zustande. Sofern Sie eine Pokémon Go Aktion vor Ort planen, sorgen Sie also für kostenfreies WLAN – oder, wenn Sie einen Walk planen, – setzen Sie einen mobilen UMTS-Router ein, der den Teilnehmern ein mobiles WLAN zur Verfügung stellt und so den eigenen Datentarif schont. Glauben Sie uns, die Teilnehmer werden Ihnen beides sehr danken!
3. Haben Sie einen Plan B in der Tasche
Auch wenn die Pokémon Go App in den letzten Tagen etwas stabiler läuft, so berichteten viele Nutzer anfangs von komplett ausgelasteten Servern, die das Spielerlebnis unterbrachen bzw. komplett unmöglich machten. Das hat sich unserer Erfahrung nach in den letzten Tagen deutlich gebessert und die App bricht nicht mehr so häufig ab wie an den ersten Tagen.
Dennoch sollten Sie darauf vorbereitet sein, wenn Sie für Ihre Aktion vor allem einen festen Termin einplanen, dass die App evtl. nicht 100% funktionieren kann. Da zudem Pokémon Go nur Sinn macht, wenn man sich draußen auf die Jagd nach den kleinen Monstern begibt, verdirbt auch Regen das optimale Nutzererlebnis und kann schnell für Unmut sorgen. Planen Sie also Alternativtermine ein oder unterhalten Sie Ihre Teilnehmer auch auf andere Weise. Ihr Event sollte nicht komplett vom Wetter oder der Erreichbarkeit der Nintendo-Server abhängen.
4. Bewerben Sie Ihre Pokéstops nachhaltig und kaufen Sie genügend Lockmodule
Im Prinzip ist die Durchführung eines Pokémon Go Events einfach: Sie rufen Ihre potentiellen Gäste und Besucher dazu auf, bei Ihnen vor Ort vorbeizukommen, um Pokémon zu fangen. Doch was haben Sie selbst davon? Daher ist unsere Empfehlung, dass Sie nachhaltig an die Sache rangehen und einen echten Mehrwert für die Nutzer und vor allem für sich selbst schaffen. Sie sollten daher in Verbindung mit Ihrer Aktion besondere Vorteile für die Teilnehmer anbieten.
Das kann z.B. ein eigenes, von Ihnen kreiertes Produkt sein, das es nur während des Events gibt, oder spezielle Informationen und Aktionen, damit sich die Teilnehmer vor Ort auch mit Ihrem Unternehmen beschäftigen und dieses für den nächsten Besuch positiv in Erinnerung behalten. Bestenfalls sorgen Sie gleichzeitig noch dafür, dass die Teilnehmer über Facebook, Twitter und Instagram über das Event berichten, indem Sie ihnen einen eigenen Hashtag bereitstellen – vielleicht ja sogar in Verbindung mit einem Gewinnspiel oder einer Rabattaktionals Anreiz.
Um besonders viele Pokémon virtuell an einen Stop zu locken, gibt es innerhalb des Spiels sog. Lockmodule, die der Spieler entweder im Laufe seiner Weiterentwicklung kostenlos erhält oder innerhalb des Spiels gegen Geld kaufen kann. Diese Lockmodule sind nach Aktivierung jeweils 30 Minuten für alle Spieler in der Umgebung sichtbar, weshalb ein aktives Lockmoduls neben virtuellen Pokémon erfahrungsgemäß auch viele reale, aktive Spieler anlockt.
Für eine gezielte Aktion vor Ort empfehlen wir daher den Kauf dieser Lockmodule innerhalb der App. Ein Lockmodul kostet 100 virtuelle Pokémünzen (entspricht einem Wert von 0,99 EUR). Es können aber alternativ auch gleichzeitig 8 Lockmodule zum Preis von 680 Pokémünzen erworben werden. Kauft man gleich mehrere Pokémünzen auf einmal ein, so variert auch hier der Wert und wird günstiger, je mehr man davon kauft. So kosten 1.200 Pokémünzen dann nur 9,99 EUR und 14.500 Pokémünzen nur noch 99,99 EUR.
5. Informieren Sie sich über Neuerungen und bleiben Sie am Ball
Wir wissen nicht, ob Pokémon Go nur ein aktueller Hype ist, der bald wieder verfliegen wird. In den USA zumindest zählt man bereits eine abnehmende Zahl an täglichen Nutzern. Tatsache hierbei ist aber, dass der anfängliche Rummel um die App viele Personen angezogen hat, die sich Pokémon Go einmal anschauen, dann aber doch nicht über einen längeren Zeitraum aktiv nutzen wollten.
Für kurzfristige Aktionen eignet sich die Nutzung von Pokémon Go im Moment aber auf jeden Fall, denn kein anderes Multimedia-Thema beherrscht derzeit so omnipräsent die Presse. Anders als die Vorgänger App Ingress, hat Pokémon Go zudem inzwischen schon eine viel breitere Schicht an Nutzern akquiriert, die nun offen und hungrig nach besonderen Aktionen rund um die App sind.
Nintendo bzw. Niantic wird in den kommenden Wochen und Monaten weitere Verbesserungen und vor allem bezahlte Funktionen für Unternehmen anbieten. Daraus eröffnen sich in naher Zukunft viele weitere Möglichkeiten zur Nutzung für den Tourismus, über die wir natürlich weiter berichten werden. Nicht zuletzt die baldige Möglichkeit, Pokémon zwischen Spielern tauschen zu können, bietet für den Tourismus und insbesondere für die Hotelerie und Gastronomie weitere Optionen, die Spieler durch gezielte AKtionen zu einer längeren Verweildauer vor Ort zu bringen.
Hinweis: © Pokémon Go ist ein eingetragenes Markenzeichen von ©2016 Niantic, Inc. ©2016 Pokémon.